REVIEW: Santigold „99 ¢“

Santigold by Warner MusicWie macht man nach einem Überhit wie „Disparate Youth“, der sowohl Radiostationen als auch Fernsehen und Clubszene beherrschte, weiter? Am besten ganz gelassen, dachte sich wohl Santi White, die erst unter ihrem Spitznamen Santogold und später unter der leicht abgewandelten Form Santigold, sowohl Hip-Hop- als auch Indie-Fans gleichermaßen betörte. Unerschrocken, was die eigene Wirksamkeit betrifft, fokussierte sich die 39-Jährige im Anschluss an ihr letztes Album „Master Of My Make-Believe“ auf Projekte, die allem voran Spaß machen sollten und nicht immer zwangsweise auch etwas mit Musik zu tun haben mussten. Dieses kreative Austoben sowie die Geburt ihres Sohnes führten dann aber irgendwann dazu, dass White erneut an einen Punkt gelangte, an dem sie Songs schreiben und mit verschiedensten Kollegen zusammenarbeiten wollte. Schließlich mussten all die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen ja auch irgendwie verarbeitet und kanalisiert werden. Es folgte der Startschuss für „99 ¢“, das Drittwerk der US-Amerikanerin. Wie bereits bei den Vorgängern, entschied sich Santigold, dem für sie typischen Genremix, der vor allem auf ihre eigenen Hörgewohnheiten zurückgeht, treu zu bleiben und sich sowohl von Pop als auch Dance, R’n’B, Hip-Hop, Indie und New Wave inspirieren zu lassen.

99 CentsGenauso lang wie die Liste von Santigolds Einflüssen ist auch die der Gäste auf „99 ¢“. Neben Kollaborationspartnern wie iLoveMakkonen, Label-Kollegen Sam Dew oder B.C. sind es allem voran Produzenten wie Dave Sitek (TV on the Radio) oder Vampire Weekends Rostam Banglij, die Santigold tatkräftig bei der Realisierung ihrer Visionen unter die Arme griffen. Entstanden ist eine Platte, die mit viel Ironie und dem für White typischen Sarkasmus Probleme unserer Gesellschaft – man denke nur an den immer stärker ausufernden Konsumwahn, der bereits auf dem Plattencover karikiert wird – anprangert, ohne jedoch zu wertend oder gar von oben herab kritisierend zu sein. Eingebettet in ein wild wucherndes Gestrüpp aus Up-Beat-Arrangements und ein paar wenigen dunklen Momenten („Before The Fire“, „Outside The War“) wird „99 ¢“ zu einer bunten, unglaublich vielfältigen Soundcollage, gespickt mit potenziellen Erfolgssingles wie „Can’t Get Enough Of Myself“ oder „Who Be Lovin‘ Me“. Erneut schafft es Santigold, ein zugängliches Album abzuliefern, das gleichzeitig aber auch den Durst nach künstlerischem Anspruch stillen kann. Eindrucksvoll meistert sie den Spagat zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer breit gefächerten Hörerschaft – letzten Endes versteht sich Santigold dabei noch immer als eine Art Dienstleisterin, die nicht nur unreflektiert ihrem eigenen Geschmack folgten, sondern auch stets ihr Publikum im Auge behalten sollte. Keine wirklich schlechte Entscheidung, möchte man meinen. „99 ¢“ sprüht nur so vor ansteckender Lebensfreude.

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